Blanchot, Cover

MAURICE BLANCHOT:
MUSEUMSKRANKHEIT

© Verlag Wilfried Dickhoff, Cologne 2007

ISBN 978-3-9810613-5-2
Price € 12,80

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Essays by Maurice Blanchot

Translated from the French by Hans-Dieter Gondek

Language German

Edited and designed by Wilfried Dickhoff

18 x 11 cm, 64 pages, 2 b&w reproductions

Typeface Dante
Brochure, stitch-bound

Edition 700 copies

... Ja, das Bild ist Glück, – doch nahe bei ihm hält sich das Nichts, an seiner Grenze scheint es auf, und die ganze Macht des Bildes, aus der Tiefe gezogen, in der es sich gründet, kann sich nur ausdrücken, indem sie sich darauf beruft. Malraux, der einen berühmten Satz aus seinem letzten Roman zitiert, macht daraus gleichsam das Ruhmeslied der künstlerischen Schöpfung: „Das größte Mysterium ist nicht, daß wir durch Zufall zwischen die Fülle der Materie und die der Sterne geworfen wurden, sondern daß wir in diesem Gefängnis aus uns selbst Bilder ziehen, die mächtig genug sind, unser Nichts zu verneinen.“ Aber man muß vielleicht hinzusetzen: Das Bild, fähig, das Nichts zu verneinen, ist auch der Blick des Nichts auf uns. Es ist leicht und es ist ungeheuer schwer. Es glänzt, und es ist die diffuse Dichte, in der nichts sich zeigt. Es ist der Spalt, der Fleck dieser schwarzen Sonne, Zerrissenheit, die uns unter dem Schein des blendenden Glanzes das Negativ der unerschöpflichen negativen Tiefe gibt. Daher scheint das Bild so tief und so leer, so bedrohlich und so anziehend, reich an immer mehr Sinn, den ja wir ihm unterstellen, und ebenso arm, nichtig und schweigend, denn in ihm avanciert diese düstere Machtlosigkeit, eines Herrn beraubt, welche die des Todes ist, als Wiederneubeginn.

Maurice Blanchot, in Das Museum, die Kunst und die Zeit

 

... Bald drückt sie (die Idee des imaginären Museums, d. Hrsg.) das Bedürfnis nach einer Inventarisierung und das Anliegen einer Rekapitulation aus und realisiert es, wofür unsere Zeit nur die Vorwände zu variieren weiß, bald bejaht sie die neue Erfahrung der Literatur und der Kunst, ihre wesentliche Umkehrung, von der wir alle spüren, daß sie unsere tägliche Aufgabe und unsere Verantwortung ist; – mitunter bezeichnet sie die Kunst, als ob sie nur noch die Gesamtheit aller Werke aller Epochen, Kunst der Vergangenheit und nur zur Vergangenheit gehörend wäre, oder sie bezeichnet im Gegenteil an der Kunst ihre unaufhörliche Metamorphose, ihr endloses Werden und ihr stets zukünftiges Kommen, ihre Macht, jeden Augenblick einmaliger Anfang und anfängliches Auftauchen zu sein, doch zu gleicher Zeit aus sich selbst herausgesetzt durch das, was sie bejaht, ausgehend vom ewigen Wiederneubeginn.

Maurice Blanchot, in Museumskrankheit